Pädagogik

Risikogesellschaft - so lautet dem Soziologen Ulrich Beck zufolge die treffende Beschreibung unserer Zeit, die geprägt ist von der Auflösung vorgegebener sozialer Lebensformen und dem Brüchigwerden lebensweltlicher Kategorien wie Familie, Geschlechtsrollen und Zugehörigkeiten. Wo überkommene Systeme an Bedeutung verlieren und zusammenbrechen, entstehen Freiräume, Gestaltungsmöglichkeiten und Optionen für die Zukunft. Die neuen Freiheiten, die der einzelne hinzugewonnen hat, werden auf der anderen Seite mit hohen Anforderungen verbunden, nämlich mit der Notwendigkeit, ein „eigenes Leben" zu führen. Diese Bastelbiografie ist also zugleich eine Risikobiografie. Ein individualisiertes Leben zu leben bedeutet, existenziell verunsichert zu sein. 

Die neuen Freiheiten machen vor allem Kindern und Jugendlichen Angst, weil die alltägliche Lebenswelt in eine Vielzahl von oft nicht durchschaubaren Entscheidungssituationen aufgespalten ist, für die es keine Rezepte mehr gibt. Sinngebung ist zu einer privaten Angelegenheit geworden. So entsteht ein individuell erlebtes Orientierungsproblem. Diese gesellschaftlichen Veränderungen bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die Schule und ihre Fächer. 

Genau in diesem Themenkreis kann dem Pädagogikunterricht am Heine eine besondere sinnstiftende und lebensdienliche Aufgabe zukommen. Wenn die notwendig gewordene biografische Konstruktion nicht dem riskanten Zufall und der individuellen Überforderung überlassen bleiben soll, dann müssen dem jungen Menschen Hilfen gegeben werden, um seine Wahlbiographie zu gestalten.

Hier liegen die Ziele des Unterrichtsfaches Pädagogik am Heine, wie sie auch in den neuen Richtlinien ausgewiesen werden. Das Fach ist in der Lage, zentrale Lern-, Entwicklungs-, Identitäts- und Sozialisationsfragen fachlich gesichert aufzunehmen und systematisch zu bearbeiten. Schülern wird auf diese Weise die Reflexion ihrer Lebenslinie ermöglicht, sodass die biografische Konstruktion Unterstützung erfährt. Ein Pädagogikunterricht, der somit nicht nur die spätere Eltern- und Erzieherrolle im Blick hat, gewinnt eine wesentliche Bedeutungserweiterung: Sozial- und Selbstkompetenz bedeutet in diesem Zusammenhang das Erlernen werteinsichtigen Handelns im Sinne einer moralischen Mündigkeit. 

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